Dienstag, 10. September 2013

Warum Sonderbehandlung der Grünen die nächste Korruptionswelle provoziert

Ganz philosophisch. Menschen sind Menschen sind Menschen sind Menschen. Egal ob mit blauem, schwarzem, rotem oder grünem Mascherl. Jeder Mensch wird zuallererst sich selbst und die ihm nahestehenden Verwandten und Freunde versorgen. Danach denkt er an die anderen. Die meisten Menschen sehen das nicht als Korruption oder Charakterfehler. Dieses Verhalten erscheint ererbt zu sein. Es ist aus der Perspektive der Evolutionspsychologie lückenlos nachvollziehbar und verständlich.

Nachdem der Mensch aber nicht mehr in Höhlen zusammenlebt, wo die Versorgung seines eigenen Clans sinnvoll und überlebensnotwendig ist, führt diese Denkweise in unseren größeren, multikulturellen Gesellschaften zu Ungerechtigkeit, Diskriminierung und Korruption.

Zu glauben, jemand der sich einer bestimmten Partei nahe fühlt, wäre von dieser Denkweise befreit, ist ein fataler Irrtum. Was einem solchen Verhalten entgegenwirken könnte, insofern es eine Gesellschaft für  wünschenswert erachtet, überhaupt entgegenzuwirken, wäre Transparenz und ein strenges Regelwerk mit entsprechenden Sanktionen, die auch Anwendung finden. Nach dem Prinzip, dass vor Recht und Gesetz alle Menschen gleich sind. Ungeachtet der Papas in derselben Polit-Dynastie oder der versorgten Freunderln mit Parteibuch.

Mythos Unfehlbarkeit

Nun verhält es sich aber so, dass es nicht nur zum Marketingkonzept der Grünen gehört, angeblich 0% korrupt zu sein - in voreilendem Gehorsam und dem Irrglauben, etwas "Gutes" zu tun, wird dieser Mythos von Informanten als auch Journalisten wider besseres Wissen am Leben erhalten. Alleine mir - und ich habe hier niemals aktiv recherchiert - sind zwei große Korruptionsfälle aus grünem Umfeld bekannt, die sich - soferne sie der Wahrheit entsprechen - problemlos mit der altbekannten Korruption von SPÖ und ÖVP messen könnten.

In einem Fall verweigerte der Informant die Übergabe der belastenden Dokumente, die monatliche Korruptionsgeldflüsse in deutlich fünfstelliger Höhe belegen sollten. "Damit würde man ja die Blauen unterstützen und ihnen Munition geben. Und außerdem wären die Grünen ja das geringste Übel." Im anderen Fall ging es um den Verrat der Identität eines Informanten auf Druck eines hochrangigen grünen Politikers. Ein Journalist hatte diesem Druck nicht standgehalten. Der Informant erlebte dadurch massive Nachteile und Repressionen.

Gut gemeintes Wegsehen ist Freibrief zur Korruption

In beiden Fällen hat man korrupt gehandelt. Sowohl in der ursprünglichen Tat - so sie wahr ist - als auch im Decken derselbigen. Der Irrglaube, man müsse "das geringere Übel schützen" ist ebenso Korruption - zum Schaden der Gesellschaft. Und gerade wenn man ein Schutzschild über mögliche Korruptionsfälle einer vermeintliche Saubermannpartei ausbreitet, sendet man an alle, die in dieser Partei organisiert sind ein verheerendes Signal. Denn diese können nun mit großem Freibrief tun und lassen was sie wollen - in der Gewissheit, dass ohnehin jeder, auf dessen öffentliche Meinung es ankommt, wegschaut.

Die Theorie, dass man der Gegenseite somit keine Munition gibt, mag kurzfristig richtig sein. Aber innerhalb der Saubermannpartei werden definitiv genau die korrupten Gestalten groß werden, die überall groß werden, wo sie keiner funktionierenden Kontrolle unterworfen sind. Man muss sich nur die Parteigeschichte der deutschen Grünen ansehen, wo kleinradikale Figuren mit der richtigen Ellbogentechnik Minister wurden, die plötzlich kein Problem mehr mit Krieg oder bedingungsloser Unterstützung des Kapitalismus zum Schaden der Allgemeinheit hatten.

Überall dort, wo man Korruption deckt - sei es noch so gut gemeint - wird man noch größere Korruption damit verursachen. Seinen Fehler Jahre später zu bemerken, wird zu spät sein. Die von mir eingangs erwähnte Notwendigkeit der Selbstkontrolle, das strenge Regelwerk mit Sanktionen - das gibt es nachweislich bei den heimischen Grünen nicht. Überall dort, wo Transparenz vom Bürger oder Mitbewerber eingefordert wird, wird sie nicht gewährt. Und auch diverse Entscheidungen bei Personalbestellungen oder innerhalb von Parteigremien sind alles andere als demokratisch und transparent. Die mahnenden Stimmen von verärgerten Aussteigern mehren sich. Das Verhalten der an der Macht befindlichen Gruppierung wird andererseits nachweislich immer autoritärer und totalitärer - bei der gleichzeitigen Annahme einer über den Dingen stehenden inhaltlichen Unverwundbarkeit.

Für viele frühere grüne Kernthemen würde sich zu Kämpfen lohnen

Ich habe nichts gegen die Grüne Bewegung. Ganz im Gegenteil. Vor etwa einem Jahr dachte ich ernsthaft und öffentlich darüber nach, ihr meine Wählerstimme zu geben. Viele Bekannte innerhalb der Grünen Partei betrachte ich bis heute mit Wohlwollen und Respekt. Es gäbe so viele ursprüngliche Grundsätze bei den Grünen, für die zu kämpfen lohnenswert erscheint. Der Wahlkampf sowie die Summe der Einzelberichte enttäuschter Personen aus grünem Umfeld erwecken Sorge. Meine Wählerstimme wird als Folge des laufenden Wahlkampfs, der sich durch Respektlosigkeit und Arroganz bei allerhöchstens oberflächlichem Streifen alter Kernthemen definiert, selbstverständlich an eine andere wahlwerbende Gruppe gehen.

Dennoch bleibt zu hoffen, dass das Hofieren der Grünen durch viele Redaktionen und Journalisten ein Ende nimmt und dass man ebendort, wo so hohe moralische und charakterliche Eigenschaften behauptet werden umso genauer hinschaut - aber mindestens genauso streng und scharf wie bei den politischen Gegnern. Ansonsten kommt in einigen Jahren unweigerlich die "große Überraschung" mit einem Knalleffekt. Wenn einzelne Personen innerhalb der Grünen von den Verlockungen von Geld und Macht korrumpiert wurden und dies jahrelang unkontrolliert und unwidersprochen ausleben durften. Und dann wird der Schaden für die Grüne Bewegung ein weitaus größerer sein - und der Nutzen für den politischen Gegner ebenso. Und daran wird jeder mit schuld sein, der jetzt wegsieht und schweigt, anstelle aufzuzeigen und zu verbessern.