Sonntag, 27. Dezember 2015

Was ist eigentlich mit unseren Politikern los - was motiviert sie zu ihrem Handeln und ihren Entscheidungen?

"Was ist eigentlich mit den Politikern los?", fragen sich in Tagen wie diesen nahezu alle Mitmenschen. "Warum sind sie so weltfremd, warum sehen sie die Probleme nicht, die auf der Hand liegen, warum verkaufen sie uns ein X für ein U?". Ist es Verrat, Böswilligkeit oder Dummheit?
Ich versuche mich in meiner heutigen Gutenachtgeschichte an einer Motivsuche. Das wird, wie gewohnt, ein wenig länger.
Zuallererst muss man verstehen, wie unsere so genannten demokratischen Systeme funktionieren. Es ist ja nicht so, dass die besten und fähigsten Köpfe unsere Länder leiten. Im Gegenteil, um von einer Partei auf eine Position gesetzt zu werden, die auch eine gewisse Macht durch eigenen Entscheidungsspielraum beinhaltet, muss man nur eines sein. Man umschreibt es mit dem Euphemismus "zuverlässig". Tatsächlich ist gemeint, dass es sich um Charaktere handelt, die keine Alleingänge unternehmen sondern sich vom Kollektiv der im Hintergrund agierenden Parteiführung lenken und leiten lässt. Dies trifft auch für das gesamte Parlament zu, denn wir leben keinen aktiven Parlamentarismus wo jeder Abgeordnete nach bestem Wissen und Gewissen entscheidet. Seine Entscheidungen werden vorgegeben und mittels Clubzwang im Vorhinein festgelegt. Nahezu die gesamte parlamentarische Arbeit, jede Rede im Hohen Haus ist ein ausschließliches Kasperltheater um sich selbst beschäftigt zu fühlen und um dem Volk vorzuspielen, dass hier in seinem Sinne echte Arbeit geleistet würde. Aber ich schweife ab. Das Fazit ist: Unsere Entscheidungsträger sind sehr häufig Marionetten, die für ihre Tätigkeit über absolut keine relevante Ausbildung verfügen müssen. Eine private Meinung zu einem Thema können sie zwar durchaus haben, sie ist für ihre politische Tätigkeit aber nicht weiter von Bedeutung. Ausnahmen sind möglich, insbesondere in Kleinparteien, aber alles andere als die Regel.
Hinzu kommt, dass es sich eingebürgert hat, dass nahezu alle Politiker sozusagen "aus der selben Maschine" stammen. Man war bereits in der Jugend in Partei-Vorfeldorganisationen. Idealerweise waren die Eltern schon bei der Partei. Nicht selten hatten diese schon einflussreiche Posten und "vererben" den Einstieg. Gleich nach der Matura (falls diese überhaupt bestanden wird) steigt man in die Partei oder in einer parteinahen Organisation ins "Berufsleben" ein. Was in Wahrheit bedeutet: Man hatte nie einen echten Beruf, man hatte nie eine echte Arbeit, man hatte nie Berührungspunkte mit der Welt der Menschen, die mit ihrer täglichen Arbeitsleistung unser absurd pervertiertes System überhaupt ermöglichen und am Leben erhalten. Fazit: Es kommen Menschen in politische Ämter, die nicht einen Tag erfahren haben, wie die reale Welt und ihre Menschen überhaupt funktionieren. Aber sie bestimmen über die Geschicke dieser Welt, über ihre Moral und ihre Gesetze. Hört sich das richtig an? Ich glaube nicht. Wenn man nun aber eigentlich nichts gelernt hat, was in der realen Welt von Bedeutung und Nutzen wäre, dann kommt hier noch ein Angstfaktor hinzu. Verlässt man den Pfad der Konformität, eckt man in der Öffentlichkeit und in der eigenen Partei an, dann könnte man das gut bezahlte, gemütliche Nest verlieren, in dem man es sich so schön eingerichtet hat. Und dann wäre man nichts, tatsächlich das nichts, das man aufgrund der Ausbildung und der beruflichen Erfahrung sein sollte. Kein Politiker der diesen Karrierepfad bestritten hat, wird das riskieren. Und deshalb wird man sein Leben lang lieber eisern schweigen, denn als einsamer Rebell unterzugehen. Und genau deshalb finden wir immer wieder Politiker knapp vor ihrem absehbaren Lebensende, die dann auf einmal mit Wahrheiten ans Tageslicht kommen, die schon Jahrzehnte zuvor hätten ausgesprochen werden müssen.
Als dritten Punkt führe ich an, woher all diese Menschen tagtäglich die Entscheidungsgrundlagen für ihre Aktivitäten beziehen. Also sowohl die eher als Marionetten eingesetzten Politdarsteller als auch diejenigen, die tatsächlich etwas zu sagen haben. Zum einen bewegt man sich nahezu ausschließlich unter Jasagern (Mitarbeitern die ihren Job behalten wollen) und in der Ideologieblase der eigenen Partei. Da kommt selten frischer Wind hinein, denn in dieser Blase sind alle Positionen und Werte klar abgesteckt. Das kann man am allerbesten beobachten, wenn man in einer der sektenähnlichen sozialistischen Organisationen ein Thema nur zur Diskussion bringen will, das nicht einer vorgefassten Meinung entspricht. Wäre Lynchjustiz erlaubt, würde sie vor Ort Anwendung finden. Die Positionsbestimmung und das Messen der eigenen Position an der Realität ist dadurch also schon von Grund auf massiv gestört. Ein Schritt weiter ist das Erfassen von Nachrichten und der Wünsche und Bedürfnisse der Bevölkerung. Natürlich kennt jeder Politiker eine Handvoll Menschen abseits des politischen Geschehens. Je relevantere Entscheidungen er zu treffen hat, desto eher werden dies Speichellecker sein, die von ihm profitieren wollen. Auch hier ist die Chance auf einen offenen und ehrlichen Meinungsaustausch gering. Doch mehrheitlich holt man sich seine Informationen aus den Medien, vor denen man richtig Angst hat. Tatsächlich ist es so, dass Politiker der Systemparteien von dem Leitsatz getrieben sind, dass nur das Realität wäre, was in der Zeitung steht. Und würde die Zeitung einmal etwas Schlechtes schreiben, müsse man eine gewisse Anzahl positiver Berichterstattungen erzielen, um das wieder auszubessern. Dadurch werden alle Entscheidungen in eine Systemkonformität gezwängt, die einer de facto linken bis linksextremen Medienöffentlichkeit entspricht. Abweichende Meinungen werden verunmöglicht. Doch der Politiker hält dies subjektiv für richtig, da die Medien ja die einzige Realität abbilden, die er kennt. Schreibt die Zeitung, die Menschen wollen mehr Einwanderung und wären solidarisch, dann ist das für den Politiker die Wahrheit. Schreibt die Zeitung, jeder Kritiker wäre ein rechtsextremer Nazi, dann glaubt er das. Eine andere Wahrheit dringt zu ihm nicht durch. Dieses System Politik-Medien ist aber zudem einem verstärkenden Rückkoppelungsprozess unterworfen. Denn Systemparteien haben gelernt, Zeitungen finanziell dafür zu entschädigen, dass sie positiv berichten, Kritik weglassen und in etwa im ideologischen Gleichschritt mitmarschieren, der gewünscht ist. Der Politiker bezahlt also nicht selten mit Steuergeld dafür, das zu lesen, was seine Partei für richtig hält und fühlt sich durch die Medienberichterstattung darin bestätigt, das Richtige zu tun.
Also besteht eine gewisse Chance, dass nicht alle Politiker Volksverräter sind, die uns sehenden Auges ins Unglück führen. Manche von ihnen sind dumm und ungebildet, manche sind zu schwach und zu feig um ihre tatsächliche Meinung zu äußern - und die überwiegende Mehrheit dürfte tatsächlich an das glauben, was sie macht - weil sie es nicht besser wissen.